Zu mehr Lebensqualität mit dem Dankbarkeitstagebuch

Mitten in Pandemie, Lockdown und Existenzangst neigen wir dazu, vor allem die Schattenseiten des Daseins zu betrachten. Dies kann uns zusätzlich runterziehen und unser Leben schwieriger machen. Um den Blick ganz bewusst auf das Schöne und Gute zu lenken, eignet sich ein Dankbarkeitstagebuch.

Die Idee ist so simpel wie bestechend: Täglich notieren wir in unserem Tagebuch Dinge und/oder Menschen (und Tiere), für die wir dankbar sind. Das dürfen große Lebensbezüge genauso wie Kleinigkeiten sein. Ich bin beispielsweise dankbar, dass meine Familie und ich bisher gesund durch die Pandemie gekommen sind. Ich bin dankbar für meinen Job, der mich erfüllt, und dafür, dass die aktuelle Krise ihn mir nicht streitig gemacht hat.

Darüber hinaus bin ich dankbar für die Sonnenstrahlen, die ich oberhalb des Nebelmeers erhaschen konnte. Und ich bin dankbar, dass ich meine Lieblingsmusik immer mit dabei habe und dass ich frühmorgens ungestört Zeit zum Lesen habe.

Dem Guten und Schönen Raum geben

Wem so viel Dankbarkeit zu hoch gegriffen ist, der oder die darf sich auch einfach über Dinge freuen, die gelungen sind, oder die mit oder ohne eigenes Zutun gut rausgekommen sind. Auch ein Freudentagebuch kann uns bereichern und beschenken.

Natürlich bringen auch Dankbarkeit und Freude über das Gute und Gelungene die Schwierigkeiten oder Sorgen nicht einfach zum Verschwinden. Aber dadurch, dass wir auf das Schöne fokussieren, geben wir diesem mehr Raum. Es kann sodann stärker auf uns wirken und unsere Stimmung aufhellen.

Dankbarkeit steigert das Wohlbefinden

Diesen Zusammenhang zwischen Dankbarkeit einerseits und Zufriedenheit und Wohlbefinden andererseits hat die Forschung mehrfach bestätigt. So untersuchten etwa Robert Emmons und Michael McCullough, wie sich Dankbarkeit – und im Gegensatz dazu das Klagen über Unerfreuliches – auf die psychologische und körperliche Funktionsfähigkeit auswirken.

Sie verglichen dazu drei Gruppen. Die Teilnehmenden in der ersten Gruppe wurden angeleitet, wöchentlich fünf Dinge aufzuschreiben, ob klein oder groß, über die sie Dankbarkeit verspürten. Die zweite Gruppe sollte fünf Ärgernisse nennen, etwa das unaufgeräumte Wohnzimmer oder die Mühe, einen Parkplatz zu finden.

Außerdem sollten die ProbandInnen ihre jeweilige Befindlichkeit einschätzen. Dabei ging es einerseits um so verschiedene Aspekte wie Stimmung, körperliche Symptome oder verspürte soziale Unterstützung. Andererseits wurden die grundsätzliche Lebenszufriedenheit sowie die Erwartungen für die nächste Woche erhoben.

Dankbarkeitstagebuch führen macht glücklich und gesünder

Nach neun Wochen zeigte sich, dass die Personen, welche die wöchentliche Dankbarkeitsliste geführt hatten, mehr Dankbarkeit verspürten als die Teilnehmenden, die negative oder neutrale Ereignisse notiert hatten. Zudem schätzten die Personen mit der Dankbarkeitsliste ihre Lebenszufriedenheit und ihre Erwartungen signifikant positiver ein als die Probandinnen in den Kontrollgruppen. Wer sich auf Dankbarkeit besann, hatte auch weniger körperliche Beschwerden und trieb mehr Sport.

In einer zweiten Untersuchung ging das Forschungsteam zudem der Frage nach, ob eine tägliche Intervention – vergleichbar mit einem Dankbarkeitstagebuch – über zwei Wochen durchgeführt wirksamer ist. Tatsächlich verspürten die Teilnehmenden, die sich täglich auf das besannen, wofür sie dankbar waren, auch mehr positiven Affekt, das heißt sie waren energetischer, enthusiastischer, aufmerksamer, fröhlicher und fühlten sich zielstrebiger als die Personen der Kontrollgruppen.

Gesundheitlicher Nutzen braucht Zeit

Andererseits konnten die in der wöchentlichen Studie festgestellten Effekte auf das körperliche Befinden in der zweiten Untersuchung mit dem täglichen Dankbarkeitsfokus nicht repliziert werden. Die Forschenden gehen davon aus, dass der Zeitraum von zwei Wochen möglicherweise zu kurz sein könnte, um gesundheitlichen Nutzen aus dem Dankbarkeitstagebuch zu ziehen. Dafür waren die Teilnehmenden, die sich täglich in Erinnerung riefen, wofür sie dankbar waren, in der zweiten Studie hilfsbereiter anderen gegenüber als die Probandinnen in den Kontrollgruppen.

In einer dritten Untersuchung desselben Forschungsteams zeigten sich auch wieder positive Auswirkungen auf die Gesundheit. So schliefen die Studienteilnehmenden, die ein Dankbarkeitstagebuch führten, länger als diejenigen der Kontrollgruppe. Die Teilnehmenden, die unter verschiedenen Muskelerkrankungen litten, berichteten auch eine bessere Schlafqualität, mehr Optimismus und positiven Affekt.

Ideen fürs Dankbarkeitstagebuch

Ein Dankbarkeitstagebuch zu führen, ist mit sehr wenig Aufwand verbunden – bringt aber trotzdem vielfältige Vorteile mit sich. Wahrscheinlich treten diese eher zutage, wenn man sich häufig auf die Dankbarkeit besinnt, am besten täglich.

Du kannst Erfreuliches einfach nur auflisten. Am Anfang reicht es, wenn du dir jeden Abend drei Dinge notierst, für die du dankbar bist. Natürlich kannst du mit der Zeit entweder mehr Begebenheiten notieren, oder diese vertiefen. Vielleicht helfen dir die folgenden Fragen dabei:

  • Wofür bin ich dankbar?
  • Warum bin ich dankbar?
  • Wem bin ich dankbar?
  • Was bewegt mich dabei am stärksten?

Dankbarkeit empfinden wir üblicherweise, wenn uns etwas Wertvolles geschenkt wird, wir es also ohne unser Zutun von jemandem erhalten. Selbstverständlich können wir auch stolz und dankbar sein, wenn wir selbst etwas geleistet haben. Dann können wir uns etwa fragen:

  • Was habe ich dazu beigetragen?
  • Inwiefern beflügelt mich dieses Erlebnis?

Dies kann uns helfen, unsere eigenen Stärken klarer wahrzunehmen und sie wertzuschätzen. Ein Dankbarkeitstagebuch unterstützt uns vielleicht dabei, uns vom Guten und Schönen stärken zu lassen – selbst wenn die Schwierigkeiten und das Leid gerade Überhand nehmen.

Ich habe mir vorgenommen, mir im neuen Jahr jeden Tag zu vergegenwärtigen, wofür ich dankbar bin. Ich will es niederschreiben und schauen, ob und wie sich mein Alltag dadurch stärker zum Positiven wendet und was es mit mir macht.


Literatur: Emmons, R.A. & McCullough, M.E. (2003). Counting blessings versus burdens: an experimental investigation of gratitude and subjective well-being in daily life. Journal of Personality and Social Psychology, 84(2), 377–389.


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