Wer viel schreibt, kann hie und da Schätze heben. Manchmal gelingt es, eine Situation treffend zu beschreiben oder eine vielsagende Metapher für ein Gefühl zu finden. Solche Perlen können ideal in lyrischer Form verdichtet und präsentiert werden. Und wie können wir uns besser inspirieren lassen als durch Gedichte?
Manchmal beflügelt uns der lyrische Rhythmus, manchmal die Bildsprache oder unsere Assoziationen dazu. So kann schon die Lektüre eines Gedichts uns zum Schreiben inspirieren. Ansonsten können wir über einen Vers oder einen Ausdruck frei schreiben und anschließend aus dem Erguss ein Gedicht komponieren. Die Kreativität kennt keine Grenzen.
Welche Gedichte uns inspirieren ist vielleicht Geschmacksache. Vermutlich hängt es auch von der Situation und unserem Gemütszustand ab, ob ein Gedicht uns anspricht und anregt. Ich habe den Versuch gewagt und die zehn besten Gedichte zum Weiterdichten zusammengetragen. Dies ist eine Momentaufnahme und ich erhebe keinerlei Anspruch auf Allgemeingültigkeit. Aber möglicherweise ist etwas dabei, das auch deine Dichtkunst anfacht.
- Nicht fertig werden (Rose Ausländer)
- Mondnacht (Joseph von Eichendorff)
- Anders sein (Emily Dickinson)
- Es kann die Ehre dieser Welt (Theodor Fontane)
- Unglaubliche Frau (Maya Angelou)
- Septembermorgen (Eduard Mörike)
- Liebeserklärung (Marie von Ebner-Eschenbach)
- Zwei Stimmen (Ricarda Huch)
- Der glückliche Garten (Peter Huchel)
- Paarungstabelle mit Fragezeichen (Hans-Peter Kraus)
Disclaimer: Ich habe mich auf deutsche Gedichte oder auf fremdsprachige Gedichte, die in Übersetzung vorliegen, beschränkt. Die Auswahl ist mir trotzdem nicht leicht gefallen. Es geht auch nicht darum zu sagen, das seien die zehn besten Gedichte – es sind die zehn meiner Lieblingsgedichte, die mich und andere bereits zuverläßig zum Weiterdichten animiert haben. Vermutlich muss ich alle paar Jahre eine neue Top-Ten rausgeben. 😉
Zum Weiterstöbern empfehle ich:
- Paul, C. (Hrsg.) (2018). Gedichte, die glücklich machen. Berlin: Insel.
- Braam, H. (Hrsg.) (2019). Die berühmtesten deutschen Gedichte. 2., aktualisierte Ausg. Stuttgart: Kröner.
Ich möchte ein Gedicht ergänzen:
Die Augen schliessen
Wenn ich die Augen schliesse
sehe ich mich
mit Zöpfen
fröhlich hüpfen
höre meine Mutter rufen
weiss die Wolken am Himmel
gelb der Raps auf den Feldern
bis in unendliche Ferne
welche Freude
mit 90 Jahren
die Augen zu schliessen –
zu dieser Momentaufnahme der Welt
Toyo Shibata
Sehr schön, herzlichen Dank, Catrina! Hat dieses Gedicht dich zum Weiterdichten animiert?