Roh oder veredelt – Was bringt die Bearbeitung meines Materials?

Das persönliche Schreiben, das ich propagiere, orientiert sich am unmittelbaren Erleben und nimmt keine Rücksicht auf Grammatik, Rechtschreibung oder Stil. Dennoch kann es uns weiterbringen, wenn wir unsere durch freies Schreiben entstandenen Texte veredeln.

Wenn wir das freie Schreiben praktizieren, kann dies schon mal chaotisch aussehen. Wildes Gekritzel, abgebrochene Sätze und eine nur noch schwer zu entziffernde Schrift kennzeichnen etwa viele meiner Notizbücher.

Prozess vor Produkt

Diese Art des Schreibens fokussiert auf den Prozess und nicht auf das Produkt. Wesentlich sind die Gedanken, die wir zu Papier bringen, manchmal auch die Art, wie wir sie niederschreiben und natürlich die Gefühle, die dabei in uns entstehen. Dadurch kann es befreiend, beruhigend und manchmal gar kathartisch wirken.

Viele positive Effekte des freien Schreibens treten also schon während des Schreibens oder unmittelbar danach ein. Einige Schreibcoaches raten sogar davon ab, sich die Ergüsse hinterher überhaupt durchzulesen.

Das hängt natürlich von der Situation ab, denn manchmal lohnt sich ein zweiter Blick auf das Geschriebene. Gerade, wenn man Probleme wälzt oder Argumente für eine Entscheidung abwägt, kann der Text durchaus aufschlussreich sein.

Geschichten und Gedichte

Manchmal bietet es sich an, ein paar Zeilen herauszupicken und zu diesen erneut frei zu schreiben. Mitunter kommen dabei interessante Aspekte zu Tage, denen man sich vorher noch gar nicht bewusst war.

Doch auch fürs kreative Schreiben kann das Ausgangsmaterial nützlich sein, denn gewisse Gedankengänge oder Episoden lassen sich gut fiktionalisieren. So kann man etwa ein Erlebnis zuerst in der ersten Person niederschreiben und anschließend in der dritten. Das ermöglicht bereits einen Perspektivenwechsel. Wenn man dann noch ein paar Details verändert, erhält die Geschichte einen ganz neuen Drall.

Sogar Gedichte, zum Beispiel Elfchen oder Haikus, können aus den Schnipseln entstehen. Es kann sich lohnen, etwas Neues zu wagen. Denn es fühlt sich gut an, wenn man es schafft, etwas, das einen sehr beschäftigt, in ein kurzes aber aussagekräftiges Gedicht zu kondensieren.

So gesehen lässt sich die Frage, ob roh oder veredelt besser ist, nicht eindeutig beantworten. Beide Vorgehensweisen haben ihre Daseinsberechtigung und ihren Nutzen. Probier es am besten einfach aus.


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